Er ist sowas von wieder da…
Er ist wieder da. Ein Film über die Reinkarnation Adolf Hitlers. Sowas kann doch nicht gut sein. Ich schaue mir den Trailer an und bin noch abgeneigter ihn zu sehen. Nach positiven Stimmen meiner Freunde und Bekannten überwinde ich mich. Knapp 120 Minuten später bleibt mir die Kinnlade offen.
Der Saal ist recht gut gefüllt. Nicht zu voll aber auch nicht gähnend leer. Es wird dunkel. Die Werbung. Hernach beginnt der Film. Da ist sie. Die stechende Stimme. Das rollende R. Der Führer spricht. Zunächst sieht man in Egoshooter Perspektive wie ein Mann in Uniform erwacht. Rings um ihn Rauch oder Nebel. Dann ist er zu sehen. In voller Montur. Schmutzig. Zerzauster Seitenscheitel und das Oberlippenbärtchen das mittlerweile sogar in China zum Kult geworden ist.
Lächerlich. Noch eine Hitlerparodie, denke ich. Ich stelle mir schon nach den ersten Minuten die Frage, ob ich mir diesen Schmus ganze 120 Minuten antuen soll. Ich bleibe sitzen. Die Handlung wickelt sich weiter ab. Hitler erwacht in einem Park einer Siedlungsanlage. Er kennt sich zunächst nicht aus. Ist verwirrt. Er irrt umher. Spricht mit Passanten, wird zu Selfies von Touristen herangezogen, bis er schließlich nach einer Pfeffersprayattacke an einen Kiosk wackelt und dort in Ohnmacht fällt, nachdem er herausfindet nicht in den 40ern des vergangenen Jahrhunderts zu sein.
Soweit so halbwegs gut. Ein paar seichte Lacher kommen mir über die Lippen. Genau so wenig wie die Figuren im Film, nehme auch ich den bisher gesehen Hitler des Films ernst. Man wähnt sich in einer Parodie. Man weiß, es ist ein Film. Man stellt schon gar nicht den Anspruch einer Ernsthaftigkeit. Daher lass ich mich einfach weiter berieseln.
Hitler wird von einem freien Videojournalisten angesprochen, welcher sich in einer Schaffenskrise befindet. Fabian Sawatzki heißt der Mann mit der Kamera. Die Intention um aus der Krise zu kommen, eine fiktive Dokumentation mit dem vermeintlichen Hitler-Imitator zu drehen. Gemeinsam ziehen die beiden durch Deutschland. Drehen an verregneten Stränden und in bodenständigen Kneipen. Hierbei kommen teilweise am Film unbeteiligte Personen zu Wort. Sprechen sich gegen Ausländer aus. Hitler stimmt ihnen zu, spricht ihnen aus der Seele und stachelt sie teilweise an. Es erinnert an Sketches aus Willkommen Österreich. Man kann es nicht ganz ernst nehmen. Beginnt sich als Zuseher etwas fremdzuschämen. Man schüttelt den Kopf.
Die Reise der beiden geht weiter. Viele lustige Situationen spielen sich ab. Ich beginne tatsächlich herzhaft mitzulachen. Ich lege die kritische Distanz ab. Es ist doch nur ein Imitator. Ein Film der mich unterhält. Die Freundschaft zwischen Sawatzki und Hitler wird inniger. Sie entwickeln eine harmonische Beziehung an der man als Zuseher gerne teilnimmt. Es macht Spaß den beiden zuzusehen. Sie tauschen während den Autofahrten viel Persönliches aus und es werden die menschlichen Seiten der beiden Figuren sichtbar.
Ich bin an einem Punkt angelangt wo ich den Film zwar nicht exzellent oder gut, aber ganz passabel und als recht angenehmen Unterhaltungsfilm kategorisieren will.
Die ersten Ergebnisse der fiktiven Dokumentation werden einem Fernsehsender vorgetragen. Die obersten Verantwortlichen beißen an. Hitler wird Teil einer Comedysendung. Ab da nimmt der Film eine Wendung auf die niemand der Anwesenden im Kinosaal vorbereitet schien. Hitler weiß wie er sich inszenieren muss. Seine rhetorische Exzellenz, die schon im 20. Jahrhundert funktioniert hat, kommt auch in dieser Comedysendung zum Einsatz. Zunächst scheint es, als käme dies beim vermeintlich aufgeklärten und gegen derartige Parolen immunen Publik der Sendung nicht an. Dann holt die Hitlerfigur des Films aus. Gekonnt spielt er seine Inhalte aus. Das Publik erwärmt sich, lacht, stimmt zu, die Sendung wird zum Erfolg. Die Figur Hitler funktioniert wieder. Er implementiert sich im öffentlichen Diskurs. Er wird zu Talkshows eingeladen. Vermarktet sich bestens. Er weiß, wo er den Finger in die Wunde legen muss. Die Gesellschaft springt auf. Die Medien machen Quote und lassen den Führer gewähren.
An dieser Stelle beginnt es in meinem Hirn zu arbeiten. Was sehe ich da gerade. Es wird ein Abbild der gegenwärtigen Demagogie geliefert. Was Hitler in diesem Film gelingt, gelingt den Straches, Le Pens und Valkeniers unserer Zeit auf dieselbe Art und Weiße. Hitler wäre aber nicht Hitler, ginge ihm diese für ihn neuartige Demokratie auf den Wecker. Dabei entfernt er sich von den Demagogen unserer Zeit zumindest i direkten Sinn. Entsprechend spricht er sich ganz gezielt gegen Juden, Ausländer und die Vermischung der Rassen aus, bedient sich keiner Umschreibung oder parteigenössischer Parolenhunde, wie es heutzutage gemacht wird um nicht selbst im Fadenkreuz der Medien zu landen. Das was ihm zum Massenmörder und zu einer deutlich gefährlicheren Figur der Zeit macht wird klar auf die Kommunikationsagenda gesetzt. Niemanden verstört es, der Großteil der im Film verkörperten Gesellschaft stimmt ihm zu.
Wenige und zum Schluss auch der eigene „Freund“ Sawatzki, stemmen sich gegen den immer populärer werdenden Tyrannen. Erkennen den wahren und gefährlichen Hitler. Sawatzki wird bewusst, dass es sich um den „echten“ Hitler und um keinen Komiker handelt. Den echten Diktator, der sich in aller Offenheit für die massenhafte Vernichtung von Völkern ausspricht.
Nahezu ironisch und getreu der Vergangenheit, kommt Sawatzki diese Erkenntnis zu spät. Er wird für verrückt erklärt und in eine Gummizelle gesteckt. Hitler befindet sich am Ende des Films als anerkannter Star und Persönlichkeit der Öffentlichkeit wieder und schließt den Film mit dem Satz „Damit lässt sich arbeiten ab!“. Während er diesen Satz äußert sind Ausschnitte aus der „Realität“, der Pegida Demos, Wahlkampfveranstaltungen vieler rechter Parteien, Übergriffe von Neonazis und vieles Grauenhaftes mehr zu sehen. Es stellt einem die Haare zu Berge. Ich war erschrocken vor mir selbst.
Wieso? Er hat mich aufs Glatteis geführt. Der Film schafft es den Zuseher in die Situation eines Bürgers des Deutschlands der 1930er Jahren zu versetzen. Zunächst nimmt man Hitler nicht ernst. Stempelt ihn als Stümper ab. Jemanden der nicht glaubwürdig erscheint. Dann spielt er sich in Gesellschaft ein. Zeigt ein wenig Menschlichkeit und erkennt wo er andrücken muss. Er spricht die Probleme der Zeit an und gibt aktiv alternativen auf. Er nimmt die Massen an der Hand und verspricht ihnen die heile Welt. Er wird Populär. Er kann sich behaupten und ehe man sich versieht ist er Meinungsführer und kann eine Heerschar von Sympathisanten aufweisen. Für Eingriffe ist es zu spät. Die, die ihn durchschauen werden stumm geschaltet. Ein Spiegel von Populismus und Radikalismus. Es fällt dem Zuseher leicht den Tyrannen der Millionen von Menschen in den Tod geschickt hat zu mögen.
Nicht zuletzt durch die brillante Personifizierung der Figur Adolf Hitler in der Zeit des 21. Jahrhunderts, durch Burgschauspieler Oliver Massuci, ist der Film eine Glanzleistung und darf nicht als reine Unterhaltungskomödie abgetan werden. Der Film ist keine reine Komödie. Komödien plätschern dahin und geben den Wink eines guten Gefühls wenn man den Kinosaal verlässt. „Er ist wieder da „hat mir ein beklemmendes Gefühl mit auf den Weg gegeben. Ein Gefühl über das ich nachdenken musste. Der Film ist in vielerlei Hinsicht mehr als nur sehenswert und müsste jungen Erwachsenen als Augenöffner für Hetze, Demagogie und Populismus fungieren.
Kommentare
Hab den Film auch gesehen und schließe mich der Rezension an. Empfehlenswert.